Was sind denn eigentlich Bedürfnisse? Und was haben Bedürfnisse mit Kinderrechten zu tun?
Ein interaktiver Blog-Beitrag von Bettina Papenmeier, Fachstelle Kinderschutz beim Kreis Lippe
Hey, was geht ab?!
Schon mal vorweg, Bedürfnisse unterschieden sich von materiellen Wünschen, z.B. später mal ein starkes Auto zu fahren oder nur Markenklamotten zu tragen. Bedürfnisse können so grundlegend sein, dass sie gleich mit mehreren Kinderrechten in Verbindung stehen und wir von Vernachlässigung des körperlichen oder seelischen Wohls sprechen, wenn diese im Alltag von Kindern und Jugendlichen keine Berücksichtigung finden. Schließlich könnte das Vernachlässigen von Bedürfnissen nach Nahrung, Schutz und Hygiene sogar euer Leben gefährden. Doch weil es so viele unterschiedliche Bedürfnisse gibt und sich nicht alle so klar beschreiben lassen, möchte ich euch ein paar Lebenssituationen von jungen Menschen erzählen, die mit der Vernachlässigung von Bedürfnissen in Zusammenhang stehen. Solltet ihr dabei das Gefühl haben, dass ihr eine der Personen kennt, kann es sich nur um einen Zufall handeln, denn Namen und Umstände wurden von mir so verändert, dass zum Schutz alle anonym und nicht erkennbar sind. Aber solltet ihr tatsächlich Freunde und Freundinnen haben oder selbst davon betroffen sein, dass eure Bedürfnisse vernachlässigt und euer Wohl oder eure Rechte in Gefahr sind, dann schaut doch mal auf den Botton: „Hilfe und Beratung“ auf dieser Website vorbei! Wir sind gerne für euch da und hören uns eure Gedanken an.
Nun aber weiter mit den Bedürfnissen, wir haben ja noch die Anfangsfragen zu klären. Vielleicht möchtet ihr zunächst einmal selbst diskutieren, was alles Bedürfnisse sein könnten in eurem Leben.
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Vielleicht habt ihr schon Ideen, inwiefern die gesammelten Bedürfnisse mit Kinderrechten und Kindeswohl in Verbindung stehen. Nun werde ich euch Kinder und Jugendliche in Lebenssituationen vorstellen, die ich als Fachkraft im Kinderschutz häufig erlebe, aber wie ich euch schon erzählt habe, handelt es sich nicht um namentlich reale Personen. Bitte diskutiert über die Situation der Kinder und Jugendlichen, von denen ich euch erzähle und denkt darüber nach, welche Bedürfnisse und Kinderrechte hier besonders missachtet werden. Auch könnt ihr überlegen, ob hier ein ständiger Mangel an Versorgung und Schutz vorliegt, sodass das Wohl dieser Kinder und Jugendlichen auf Dauer gefährdet ist.
Ich beginne mit Conny, 13 Jahre alt.
Conny lebt mit ihren 3 jüngeren Geschwistern in einem älteren Haus. Ihre Eltern sind schon sehr lange arbeitslos, denn Connys Mutter hat immer wieder depressive Phasen und ihr Vater kümmert sich so gut er kann um die Familie. Leider greift er bei allen Sorgen immer wieder zum Alkohol und es kommt zum Streit zwischen den Eltern, er wirft seiner Frau dann vor, sie sei faul und zu nichts nütze und ist auch schon mal handgreiflich geworden, sodass Nachbarn die Polizei geholt haben. Da es im Haus an diesem Tag total chaotisch aussah, das Geschirr von mindestens 5 Tagen in der Küche stand und auch sonst ein riesiges Durcheinander in der Wohnung war, wurde das Jugendamt informiert. Zum Glück sah niemand, dass in diesen 5 Tagen gar nicht mehr gekocht wurde und Conny und ihre Geschwister Zuhause von Süßigkeiten und Chips lebten. Conny hatte unwahrscheinlich Angst, dass sie und ihre Geschwister irgendwie in ein Heim kamen, sie räumte auf wie verrückt, wischte sogar alle Fußböden und schließlich glänzte die Wohnung wie nie, als die 2 Frauen vom Jugendamt kamen. Ihr Vater war nüchtern und ihre Mutter riss sich zusammen, wie Conny es gar nicht mehr vermutet hatte, dass sie so viel Kraft aufbrachte und sogar mit den Frauen redete. Die angebotenen Hilfen lehnten die Eltern ab und schon Tage später war alles wie zuvor. Mittlerweile hat Conny aufgegeben, dass sich an der Situation etwas ändert. Eine Erzieherin aus der Kita ihrer 5-jährigen Schwester Lara hat sich letztens gemeldet, Lara wirke immer so still und traurig. Ihre Mutter meint, nicht jeder kann laut sein. Ihre Brüder Paul und Emil sind in der Grundschule, sie machen irgendwie gar nicht so viele Probleme, aber Zuhause sitzen sie nur vor ihrem Laptop und spielen Ballerspiele bis in die Nacht. Conny hat seit 3 Monaten einen Freund, Sahib, er ist schon 19 und Conny ist total verliebt. Bei ihm fühlt sie sich sicher und ihren Eltern ist es egal, wenn sie nachts bei Sahib bleibt. Nun gab es aber doch Ärger, weil Conny zu oft nicht zum Unterricht erschienen ist. Die Klassenlehrerin wollte mit Conny sprechen, hat gefragt, ob etwas nicht stimme, sie wäre doch sonst immer so engagiert im Unterricht gewesen. Natürlich hat Conny nichts verraten, nicht über ihre Familie und schon lange nichts über ihre Beziehung zu Sahib, das muss doch alles geheim bleiben!?
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Gibt es Gefahren, denen Conny ausgesetzt ist? Was könnte in der Zukunft passieren?
Seid ihr der Ansicht, dass es wichtig ist, das sich Conny einer Vertrauensperson mitteilt und über ihre Probleme spricht? Inwiefern könnte das helfen?
Kennt ihr Kinderrechte, die ebenfalls in Connys Leben verletzt werden?
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Nun stelle ich euch ein anderes Kind vor:
John ist 4 Jahre alt, er ist Einzelkind und hat richtig junge Eltern, Sabine und Levin. John ist am liebsten in der Kita, denn da ist die Erzieherin Frau Kraft, die liest ihm oft etwas vor und er hat Freunde, mit denen er in der Bauecke spielt. Als er noch kleiner war, hat er immer geweint, wenn ihn seine Mutter oder sein Vater von der Kita abgeholt haben, doch nun ist er ja schon groß und macht das nicht mehr. Obwohl, nachts macht er immer noch oft ins Bett, weil er Angst hat, auf die Toilette zu gehen, seine Mama haut ihn dann mehrmals auf den Po, aber trotzdem kann er es nicht lassen. Papa Levin ist oft nicht Zuhause, er hat richtig viele Freunde, auch vom Fußball, mit denen ist er dann unterwegs. Auch Levins Mama ist manchmal nachts nicht da, das hat John zunächst gar nicht bemerkt, bis er mal nachts aufgewacht ist und es ihm schlecht ging. Er musste sich übergeben und fühlte sich ganz schwach, aber seine Eltern waren nicht da, um ihm zu helfen. Er hat fürchterlich geweint, aber niemand hat ihn gehört. Danach war er 3 Tage im Krankenhaus. Da war es auch richtig schön, die Krankenschwestern und Ärzte haben sich total lieb um John gekümmert, er wollte gar nicht mehr gesundwerden. Zuhause spielt John meistens allein in seinem Zimmer, er hat Match, das ist sein Superheld, ein Tyrannosaurus Rex, super stark, er hat niemals Angst und gewinnt gegen jeden im Kampf. So stark möchte John auch mal werden!
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Weshalb hat John nachts Angst? Weshalb kümmern sich die Eltern nicht ausreichend um John?
Seid ihr der Ansicht, dass es wichtig ist, das John Hilfe bekommt? Habt ihr Ideen, was ihm helfen könnte? Welchen Gefahren ist er ausgesetzt?
Welche Kinderrechte kennt ihr, die in Johns Leben verletzt werden?
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Als letztes stelle ich euch Enja vor:
Enja, 9 Jahre, wohnt in einem total schönen Haus, denn ihre Eltern sind sehr reich. Sie haben eine eigene Firma, darauf ist Enja sehr stolz. Aber sie hat kaum Freundinnen, die sind alle so neidisch, denn Enja trägt immer die tollste Markenkleidung und gibt zugegebener Weise auch gerne mal mit dem an, was ihre Familien alles hat. Der Porsche von Papa und Mamas Reitpferde. Doch sie verschweigt, dass sie eine richtig schlimme Tierhaarallergie hat und Asthma und deshalb nie mit auf den Reiterhof geht. Papa hat leider kaum Zeit, denn die Firma kostet viel Einsatz und Mama hilft im Homeoffice mit der Buchhaltung, auch sie ist kaum ansprechbar oder verbringt viel Zeit auf dem Reiterhof, auch am Wochenende. Schön ist immer, wenn sie zusammen in den Urlaub fliegen, dann ist Enja meistens in einem Club und da ist viel los und Mama und Papa sind entspannt und haben gute Laune. Letztes Jahr war Enja jedoch sehr traurig, als sie aus dem Urlaub kamen und Rosemarie, die Haushälterin, gekündigt hat, weil es ihr gesundheitlich nicht mehr gut ging. Enja kannte Rosemarie seit ihrer Kindheit und sie hatte sie sehr gerne. Sie hat mit ihr gekocht und Geschichten vorgelesen und ohne sie fühlte sich Enja sehr einsam. Jetzt ist Sonja da, die neue Haushälterin, sie ist viel jünger und kümmert sich nur um die Dinge, die gemacht werden müssen. Wenn Enja mal erwachsen ist, möchte sie Schauspielerin werden, sie findet, das kann sie am besten und wird in der ganzen Welt herumreisen.
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Weshalb gibt Enja gerne bei den anderen Mädchen an, obwohl die dann neidisch sind und sich von ihr abwenden? Was könnten die Gründe sein?
Habt ihr Ideen, was Enja in ihrer Situation helfen könnte?
Welche Kinderrechte kennt ihr, die in Enjas Leben verletzt werden?
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Ich hoffe, ihr hattet einen guten Austausch darüber, dass Bedürfnisse und die Vernachlässigung von Bedürfnissen so viele Gesichter haben. Am Ende sind eure Rechte und euer Schutz bei der Vernachlässigung von wichtigen Bedürfnissen verletzt. Wenn ihr mehr über Vernachlässigung oder Kinderschutz erfahren möchtet, diskutiere ich gerne mit, z.B. in eurer Klasse, Freizeitgruppe oder euren Freundeskreis. Dann meldet euch einfach!
Gruß eure Bettina
von der Fachstelle Kinderschutz beim Kreis Lippe
05231/62-1168 oder b.papenmeier@kreis-lippe.de
